NRW-Sozialbericht zeigt: Wir brauchen mehr Tarifverträge für bessere Löhne

Gestern wurde der Sozialbericht NRW 2020 im Gesundheitsausschuss diskutiert. Dazu erklärt Sabine Graf, stellvertretende Vorsitzende des DGB NRW:

„Es ist gut, dass die Tradition der offenen und ehrlichen Berichterstattung über die soziale Lage fortgesetzt wird. Umso erschreckender sind die Ergebnisse des aktuellen Sozialberichts, der die steigende Einkommensungleichheit aufzeigt. Dramatisch ist vor allem der Anstieg der Niedriglohnquote, wobei gerade Frauen besonders von niedrigen Löhnen betroffen sind. Hier muss dringend gegengesteuert werden, um die Schere nicht noch weiter auseinandergehen zu lassen.

Das beste Mittel dazu sind Tarifverträge, denn sie schützen vor Niedriglöhnen – und das über alle Branchen hinweg. Es reicht ein Blick auf die Zahlen: Wie unser aktueller Niedriglohnreport zeigt, arbeiteten 2018 in NRW 31 Prozent der Beschäftigten ohne Tarifvertrag zu einem Niedriglohn, gegenüber nur elf Prozent der Beschäftigten mit Tarifvertrag. Der Auftrag an die Politik ist klar: Tarifverträge müssen leichter für allgemeinverbindlich erklärt werden können, damit möglichst viele Menschen tatsächlich von ihrer Arbeit leben können und sie der Niedriglohn nicht direkt ins Jobcenter führt. Auch sollte die Vergabe öffentlicher Aufträge als Hebel genutzt werden, um die Tarifbindung zu verbessern. Wenn die öffentliche Hand Aufträge an Unternehmen ohne Tarifverträge vergibt, ist das nicht zu tolerieren. Unternehmen mit Tarifvertrag sollten steuerlich bessergestellt werden. Bei Abspaltungen oder Betriebsübergängen muss die Nachwirkung von Tarifverträgen länger gelten; es darf nicht zu einer Umgehung von Tarifverträgen durch Änderungskündigungen nach Ablauf der Bindefrist kommen. Die kollektive Fortgeltung der Tarifbindung muss sichergestellt sein.

Daneben muss die Politik ihre Kraft in die Eindämmung prekärer Arbeitsverhältnisse stecken. Gerade Minijobberinnen und Minijobber, die laut Sozialbericht besonders von Armut gefährdet sind, brauchen dringend den Schutz der Sozialversicherung – und das ab dem ersten Euro.“